Die vergangenen Wochen, rund um die Semsterferien, waren für die neunjährigen Kinder in Österreich eine extrem stressige Zeit. Auch für deren Eltern. Und für alle Lehrkräfte, die mit Kindern dieser Altersgruppe zu tun haben. Warum? Weil mit dem Semersterzeugnis der 4. Volksschulklasse, im Alter von etwa neuneinhalb Jahren, eine der wichtigsten Bildungsentscheidungen im Leben österreichischer Kinder fällt: Die Sortierung in die Mittelschule oder in die AHS-Unterstufe.
Die Hälften sind mittlerweile etwa gleich groß: Etwa 50% der Kinder schaffen es, einen der heißbegehrten Gymnasiumsplätze zu ergattern, und damit auf der Überholspur unseres Schulsystems zu landen. Die andere Hälfte bleibt übrig – und landet in jener Schulform, die sich ihre Schüler:innen, im Gegensatz zu den Gymnasien, nicht aussuchen kann: in der Mittelschule. Die – speziell in den Städten - mittlerweile als „Restschule“ gilt.
Ich finde diese Sortierung zutiefst unvernünftig. Ich halte sie für ungerecht, und schädlich für alle Beteiligten – zuvorderst für die Kinder, aber in weiterer Folge auch für Familien, Lehrkräfte, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Wirtschaft. Hier ein paar paar Gründe:
Es ist mir bewusst, dass die gemeinsame Schule der 6- bis 14jährigen nicht übers Knie gebrochen werden kann. Sie braucht behutsame Vorbereitung, ausreichend Ressourcen, viel guten Willen, und ein gesamtgesellschaftliches, mutiges Commitment. Selbstverständlich muss die gemeinsame Schule eine inklusive Schule sein – die kein Kind abweist, und in der jedes Kind nach seinem passenden Tempo lernen kann. Das bedeutet: Viel Individualisierung, Leistungsgruppen, Neigungsgruppen, Begabungsförderung. Das bedeutet selbstverständlich auch: Dass sich alle Pädagog:innen künftig mit Vielfalt, Heterogenität und individuellen Lernmethoden auseinandersetzen müssen.
Seit Jahrzehnten ist die Debatte über die gemeinsame Schule in Österreich ideologisch vergiftet. In den letzten Monaten spüre ich jedoch, dass sie langsam wieder beginnt, mit einem pragmatischen Grundton. Gut so!
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