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Sonntag, 22. Dezember 2019

Station 11: Amstetten, August 2012

Warum wir Frauenhäuser brauchen

Frau D. ist 50 Jahre alt und Küchenhilfe. Sie wohnt im Frauenhaus. 30 Jahre lang hat sie stillgehalten, durchgehalten. Erst, „weil ich jung und verliebt und deppert war“; dann, weil die Kinder kamen; dann, weil sie ein Haus bauten; dann, bis die Kinder groß waren; und schließlich, „weil es so schwer ist, wegzugehen, wenn man nichts anderes kennt“. Ihr Ehemann bestand darauf, dass sie alles stets auf den Millimeter genau richtig machte – das Essen hinstellen, die Wäsche zusammenlegen, die Hecken stutzen. Sonst gab es Strafen. Frau D. wischte zehnmal, wenn er zehnmal hintereinander absichtlich sein Glas ausschüttete, und bügelte manchmal die ganze Nacht durch. Bis ihr Körper irgendwann nicht mehr mitmachte. Der Blutdruck, das Kreuz, die Migräne, der Schlafentzug. Am Ende schluckte sie zwanzig Tabletten am Tag.


Als ich Frau D. kennenlerne, geht es ihr, zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben, gut. Sie lebt im Frauenhaus, in einem kleinen Zimmer mit Gemeinschaftsdusche. Sie ist hier gesund geworden, ganz ohne Tabletten. Sie musste bloß von diesem Mann weg. Ohne Hilfe von außen hätte sie das nicht geschafft. Frau D.s Ehe ist jetzt jedenfalls zu Ende, und alle Mitbewohnerinnen und Mitarbeiterinnen im Frauenhaus finden das gut.

Ist es das, was die Stadträtin der örtlichen FPÖ meinte, als sie dem Frauenhaus die Subvention streichen wollte? Frauenhäuser seien „Unfug“, denn sie seien „an der Zerstörung von Ehen und Partnerschaften maßgeblich beteiligt“, lautete ihre Begründung.

Gottseidank hat sich diese Sichtweise in Österreich nicht durchgesetzt – obwohl es immer wieder Vorstöße in diese Richtung gibt. Mittlerweile gibt es in jedem Bundesland Frauenhäuser, und es ist allgemein anerkennt, wie wichtig sie sind. Was ich hier in Niederösterreich lerne: Wie sehr sich Frauengeschichten am Land von jenen in der Stadt unterscheiden. Die Abhängigkeit vom Ehemann kann umso größer sein, wenn der Hof gleichzeitig Wohnung, Arbeitsplatz und wirtschaftliche Existenzgrundlage ist. Die Einsamkeit umso schlimmer, wenn viele Verwandte in der Nähe wohnen. Nimmt der Mann der Frau das Auto weg, sitzt sie fest. Und wem auch immer sie sich anvertraut – die Gefahr ist groß, dass ers erfährt.

Hört man den Geschichten der Frauen in diesem Amstettner Haus zu, ahnt man, wie brüchig die bäuerliche Idylle sein kann, und wie viel Gewalt sie wohl auch in den vergangenen Jahrhunderten barg. Doch gibt es einen wesentlichen Unterschied zu früher: Frauen wird heute nur noch selten gesagt, sie müssten alles ertragen - dem Mann zuliebe, Gott zuliebe, oder der guten Nachred’ zuliebe. Stattdessen werden sie ermutigt, wegzugehen - von Freundinnen, Verwandten, Frauen aus der Müttergebetsrunde, Nachbarn, vielleicht sogar vom Pfarrer. Gut so. Und hoffentlich bleibt das so.

Wenn wir heute, im Nationalrat oder in den Medien,  über Gewaltschutzpakete oder über die Budgets für Gewaltschutzeinrichtungen diskutieren, habe ich immer das Amstettner Frauenhaus im Hinterkopf. Weil Politik nie ein Selbstzweck ist. Sondern weil es immer um ganz konkrete Geschichten geht.

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