Ein wirklich spannender Ausflug hat mich nach Kärnten geführt - und zwar nach Bilčovs. Mit prachtvollem Ausblick auf die Berge steht hier auf einem Hügel das Bildungshaus der Gemeinde, der auch den Kindergarten beherbergt. "Otroški vrtec" heißt "Kindergarten" auf slowenisch. So steht das über dem Eingangstor. Und genauso wird das hier auch im Alltag gelebt: mit durchgehender, gleichberechtigter Zweisprachigkeit.
Die Kinder der beiden Familiengruppen im Haus sind in diesen Tagen schon ganz im Osterfieber. Sie haben mit Eierschalen gebastelt, Osterhasen gemalt, und im weitläufigen Garten die Blumenzwiebeln beobachtet, die mit jedem Sonnentag ein Stückchen weiter aus der Erde sprießen. Die Besonderheit: Für jedes Tier, jedes Ding, jede Pflanze lernen die 3 bis 6jährigen Kinder hier zwei Namen, sowohl den slowenischen als auch den deutschen. Das macht neugierig. Schärft das Sprachgefühl. Macht Spaß. Und schafft langfristig eine solide Grundlage dafür, sich in zwei Sprachen von klein auf zu Hause zu fühlen. Was nicht nur den Horizont, sondern auch Beziehungen, Bildungs- und Berufsperspektiven später im Leben erweitern kann.
Zu dem Zeitpunkt, an dem die Kinder hier angemeldet werden, bringen sie sehr unterschiedliche Sprachkenntnisse mit. Deutsch verstehen fast alle. Manche haben von der Familie her eine solide Basis in Slowenisch und Deutsch. Für viele klingen slowenische Wörter allenfalls vertraut - vielleicht weil die Oma sie manchmal benützt, oder weil sie Lieder und Reime kennen. Hier im Kindergarten werden die Kinder mitgenommen, wo auch immer sie sprachlich stehen, und behutsam, aber konsequent weitergeführt. Zwei pädagogische Modelle stehen hierbei zur Auswahl: In der Familiengruppe A, in der alle Kinder zur zweisprachigen Betreuung angemeldet sind, erfolgt die Sprachenaufteilung nach Personen - eine Pädagogin spricht jeweils durchgehend eine Sprache. In der Familiengruppe B wird phasenweise abgewechselt; Kinder, die nicht zur zweisprachigen Betreuung angemeldet sind, werden nur auf deutsch angesprochen. Aber selbstverständlich tauchen auch sie ins Slowenische ein: Weil Sprache eben immer gleichzeitig auch Beziehung ist.
Die Leichtigkeit und Fröhlichkeit im Haus ziehen einen sofort in Bann. Sodass man immer weniger verstehen kann, warum das Thema Zweisprachigkeit in Kärtnen jahrzehntelang ideologisch derart umstritten war. Was teilweise absurde Blüten trieb: Weil viele Gemeinden in zweisprachigen Gebieten dem heiklen Thema ausweichen wollten, gab es dort, bis weit in die 1980er Jahre hinein, oft GAR KEINEN Kindergarten!
Was ich aus Ludmannsdorf/Bilčovs mitnehme: Den politischen Auftrag, dass "frühe sprachliche Förderung" nicht immer nur mit "Deutschförderung" gleichgesetzt werden darf, sondern auch Volksgruppen- und Minderheitensprachen einbeziehen muss. Die Gewissheit, dass Mehrsprachigkeit immer ein Gewinn ist. Und gute Laune!
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