Drittes Kapitel einer ehrlichen, analytischen Rückschau auf unsere grüne Regierungsbeteiligung: Mit der Reform der Freizeitpädagogik haben wir eine riesige fortschrittliche Chance ganz knapp verpasst
Eine wirklich tiefgreifende Strukturreform ist in dieser Regierungsperiode in greifbare Nähe gerückt: Eine bundesweite Ausbau-Offensive für ganztägige Schulen. Vormittag und Nachmittag, Unterricht und Betreuung sollen zusammengeführt werden, unter ein gemeinsames organisatorisches und pädagogisches Dach.
Bisher ist Freizeitpädagogik ja Sache der Gemeinden, es gibt einen Fleckerlteppich verschiedenster Vereine, Magistratsabteilungen, privater GmbHs und Sozialunternehmen. Im neuen Modell sollen „Stütz- und Freizeitpädoginnen“ - genauso wie die Pädagog:innen - bei den Bildungsdirektionen angestellt und dauerhaft vom Bund finanziert werden, mit einheitlichem Dienstrecht und bundesweit einheitlicher Ausbildung (an den PHs).
Im Klartext bedeutet das: Ein Bereich, der bisher privat/kommunal organisiert war, würde verstaatlicht, und ins öffentliche – kostenlose! – Bildungswesen integriert. Gemeinden wären damit die Verantwortung los, Eltern würden Beiträge sparen. Dass ausgerechnet die ÖVP mit uns einen derart „linken“ Plan umsetzen wollte, hat uns - ehrlich gesagt - selbst verwundert. Noch interessanter war dann allerdings, wer sich der Reform entgegenstellte: v.a. der Betriebsrat der privaten GmBH „Bildung im Mittelpunkt“ in Wien, und die GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten) – die mit der Reform tausende Mitglieder an die Gewerkschaft des Öffentlichen Diensts verlieren würde. Die Protestdemonstrationen der FZ-Pädagog:innen fanden in den Medien breiten Widerhall; uns hingegen gelang es nicht, die weitrechenden positiven Auswirkungen rüberzubringen. Ein gutes Beispiel dafür, wie Partikularinteressen sinnvollen Reformen entgegenstehen!
Die Reform würde nämlich nicht nur Eltern und Gemeinden entlasten, sondern brächte auch den FZ-Pädagog:innen Vorteile. Im neuen Berufsbild „Stütz- und Freizeitpädagogik“ würden sie auf Augenhöhe gemeinsam mit Pädagog:innen im Team arbeiten – und könnten etwa im Unterricht auf einzelne Kinder fokussieren. In vielen Situationen ist es hilfreich, wenn zwei Erwachsene im Raum sind! Sie wären weiterhin für Kreativ- Freizeit- und Bewegungseinheiten verantwortlich, könnten aber auch individuelle Lernzeiten und Übungsstunden betreuen. Insgesamt ein breites, spannendes Berufsbild, mit wesentlich attraktiveren Arbeitszeiten (vormittags!) und Entwicklungsmöglichkeiten als derzeit.
Wir sind daher fest davon überzeugt, dass es für die Reform bald einen neuen Anlauf geben muss. Der Grundstein ist jedenfalls gelegt!
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